Wir wollen (immer noch) mehr

Geht man mit offenen Augen shoppen kann man unzähliges Interessantes erkennen. Da gibt´s, mittlerweile an vorderster Front, die allein einkaufende Mutter, umringt vom lieben Nachwuchs, die selbstbewusst durchs Sortiment stöbert. Mutter mit heranwachsender Tochter ist sowieso ein Dauerbrenner, mittlerweile hat sich ja die Tochter zur gleichberechtigten Soulsister entwickelt. Das zeigt sich mitunter derart, dass man die beiden von den ebenfalls im Duo auftretenden besten Freundinnen kaum mehr unterscheiden kann.

Ändert sich die Location des Shopping Erlebnisses, befinden wir uns z. B. in der Innenstadt wird die Fake Tasche aus den günstigeren Regionen gegen die altbewährte Louis Vuitton und Co. getauscht. Auf Marke verzichten heute die wenigsten, jeder leistet sich das eine oder andere Stück, mal dezent mal opulent zur Schau getragen. Und auch fast jeder kann es finanziell.

Dann die Best Agers, die neuerdings von Kopf bis Fuß komplett in Denim gewandet, durch die Shoppingmalls flanieren. Understatement wird hier groß geschrieben. Kleine Accessoires gehen aber immer. Aber es zeigt sich deutlich, dass eine Klassifizierung auf den 1. Blick, ob Arm oder Reich, nicht möglich ist. Zu ähnlich sind sich die einzelnen Modeketten in ihrem Outfitangebot. Und jeder leistet sich dasselbe. Ob hinter einem Peek and Cloppenburg Kleidchen eine Call Center Mitarbeiterin oder eine Frau Doktor steckt, bleibt ungewiss. Weiters werden die vermeintlich teureren Bekleidungen in derselben Fabrik geschneidert wie die günstigeren, das Design nur unwesentlich verändert. Sicher, die Materialien sind unterschiedlich, aber wie gesagt, beim kurz einmal Hinschauen, merkt man da nichts.

Das ist einerseits eine erfreuliche, weil nivellierende Erscheinung und kommt auch dem Umgangston zugute. Grüßte man vormals mit einem hölzernen “ Guten Tag“, so erfreut sich heute das salopp freundlich vorgetragene „Hallo“, immer größerer Beliebtheit. Ob beim Türken um die Ecke oder bei Herend im 1. es erleichtert die Kontaktaufnahme ungemein.

Nach wie vor gibt es natürlich Bastionen des elitären Geschmacks und damit auch dessen Auftrittsrituale. wo ein nettes Hallo deplaziert wirkt und hochnäselnd beantwortet oder mitunter sogar ignoriert wird. Man schaut sozusagen darüber hinweg. Aber das sind Ausreißer in Enklaven wie dem Geschäft im 13. Wiener Gemeindebezirk, das die Waren um paar Euro teurer anbietet als der Online Gigant. Noblesse wird hier noch groß geschrieben und mancher Psychologe hätte seine wahre Freud´ an den steifen Umgangsformen.

Wo bewegen wir uns nun gewandtechnisch hin? Wird es in naher Zukunft bald gar keine Unterschiede mehr geben? Vielleicht die sozialen Abstufungen nur mehr durch die Frisur und den Schmuck ausgedrückt? Ich bleibe gespannt.

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